Arbeitsportrait über «Ethikprojekte» bei Information Philosophie
«Ethik verbindet Engagement in der Sache mit der Vogelperspektive auf die Sache, Sorgfalt mit Humor und pragmatische Entscheidung mit der maximal möglichen Reflexionstiefe.
Grundlagen meiner Arbeit sind:
Christof Arn
Je bedeutsamer Ethik wird, je mehr von Ethikkommissionen erwartet wird, desto wichtiger sind die Fragen: Was ist «Ethik»? Was kann und soll man ihr als wissenschaftlicher Disziplin erwarten – und und was nicht?
In Entscheidungen verwirklichen wir unsere Werte – teils sehr bewussst, teils automatisiert. Die Gesamtheit dieser Werte und Haltungen, die unser persönliches Leben bestimmen, können wir als unsere «Moral» bezeichnen. Ethik betreiben wir, wenn wir über unsere Werte nachdenken. Daher wird Ethiik aof als «Reflexion von Moral» definiert.
Ein eigenes Wertesystem, eine Moral also, haben nicht nur Menschen als Individuen, sondern auch Gesellschaften als Ganzes, aber auch Organisationen, Firmen also, Vereine usw. Auch über diese Werte bzw. Wertesysteme lohnt es sich, nachzudenken. Das gehört ebenfalls zum Tätigkeitsgebiet der Ethik.
Diese Reflexion hilft, das eigene Wertesystem ebenso wie dasjenige von Organisationen oder in einer Gesellschaft weiterzuentwickeln; hilft auch, Entscheidungen bewusst zu treffen, was unter anderem für wichtige und heikle Entscheidungen im Beruf hilfreich sein kann.
Ethik ist die Disziplin, die solche Wertesysteme reflektiert. Dies beginnt in den meisten Fällen damit, zunächst das Wertesystem überhaupt sichtbar zu machen. Denn Moral ist meist so sehr internalisiert, dass wir uns erst im Verlaufe eines Reflexionsprozesses bewusst werden können, welches unsere wichtigen Werte sind. Dies gilt sowohl für die Individuen als auch für die Wahrnehmung gesamtgesellschaftlicher Werte.
Ethik ist somit die wissenschaftliche Disziplin, die es sich zur Aufgabe macht, diese Wertesysteme transparent zu machen. Danach kann sie ihre Hauptaufgabe in Angriff nehmen: Wertereflexion bedeutet vor allem, unterschiedliche mögliche Werte zu vergleichen und die Argumente für und gegen bestimmte Werte abzuwägen. Man kann daher auch, etwas vereinfachend, sagen: Ethik ist Wertediskussion auf wissenschaftlichem Niveau.
Definiert man Ethik so, kann leicht eine Emotion entstehen, die sich im Satz zusammenfassen liesse: Wertediskussionen haben wir schon genug. Allerdings ist eher das Gegenteil der Fall: Wertepropaganda und Pseudodiskussionen haben wir schon genug. Offene Diskussionen, in denen es wirklich darum geht, gemeinsam herauszufinden, welche Werte denn am meisten überzeugen können, welches die wichtigen Argumente sind und was das dann konkret bedeuten könnte, gibt es hingegen viel zuwenig.
An scheinbarer Wertediskussion, ans Pseudoargumentationen, denen es nicht um eine offene Diskussion, sondern um Propaganda der eigenen Meinung geht, hat die Ethik als wissenschaftliche Disziplin wenig Interesse. Dieses Desinteresse geht so weit, dass es in der "scientific community" der Ethikerinnen und Ethiker eine namhafte Anzahl von Fachpersonen gibt, welche der Meinung sind, die Ethik solle ganz davon Abstand nehmen, bestimmte Werte zu empfehlen und sich nur auf die Analyse der Argumente für und wider konzentrieren. Die Arbeit der Ethik wäre also abgeschlossen, wenn die wichtigen Argumente einer bestimmten Frage zu Werten erschöpfend dargestellt sind. Auch wenn das umgekehrt vielen Ethikerinnen und Ethikerinnen zu wenig weit geht, ist dieser Schritt doch als Hauptarbeit zu verstehen.
Die Ethik ist gegenwärtig eine stark praxisbezogene Disziplin. Bis vor einigen Jahrzehnten zogen Grundfragen relativ viel Aufmerksamkeit der Forschung auf sich. Gegenwärtig stehen - auf dem Hintergrund dieser Grundlagenforschung - Fragen der sogenannten "angewandten Ethik" stärker im Zentrum. Ethikberatung gewinnt an Bedeutung.